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János Szurcsik | Leonard Sheil
2.12.2014-10.1.2015

Die Begeisterung für das Element Wasser findet im Werk der beiden Künstler ihren Niederschlag.

Der Ire Leonard Sheil war immer schon von der Seefahrt, dem Leben der Menschen auf und mit dem Meer fasziniert, so verwundert es nicht, dass er auch in der Wahl seiner Materialien, etwa Holz, Teer, Asche, Lacke, Salz und alte Seekarten, darauf Bezug nimmt. Seine Bilder und Objekte entwickeln sich Schicht für Schicht, unterliegen einer steten Veränderung.

occidentatio

over the sea - down the river

Eine Nachlese zur Ausstellung von Leonard Sheil und János Szurcsik

 

Aus einer spontanen Idee im Atelier von János Szurcsik ließ sich innerhalb kürzester Zeit ein spannendes Ausstellungsprojekt verwirklichen, ermöglicht durch das Engagement und die sehr gute Zusammenarbeit der beiden Künstler, die von zwei ganz unterschiedlichen geografischen Standorten aus mit den ihnen entsprechenden künstlerischen Ausdrucksformen einen Blick auf Europa werfen und uns daran teilhaben lassen.

 

János Szurcsik wurde in Budapest geboren. Die Donau als eine der Lebensadern und Verkehrswege dieses Kontinents ist ihm vertraut und mit ihr jener Bootstyp der Zille, der schon seit dem Mittelalter als Transportmittel bekannt und heute noch aufgrund seiner einfachen Bauweise in Verwendung ist. Ursprünglich nur flussabwärts einsetzbar, transportierte man Waren und Personen auf einfach konstruierten Booten wie der so genannten „Wiener Zille“, die auch unter dem Spottnamen „Ulmer Schachtel“ bekannt wurde. Am Ende jeder Reise wurden sie zerlegt und das Holz wieder verwertet oder verbrannt. Wasser und Feuer – diese beiden Elemente spielen eine wichtige Rolle in den Arbeiten von János Szurcsik.

 

Das ans Lateinische angelehnte Wort „occidentatio“ benennt das größte seiner zahlreichen hölzernen und geschwärzten Bootsobjekte. Es ist als Sinnbild für den gegenwärtigen Zustand Europas zu verstehen. Zwei kreuzförmig verschränkte und mit einem langen Seil dicht verspannte Bootsrümpfe weisen wie ein Kompass in vier Himmelsrichtungen. Sie erinnern an das Kreuz als christliches Symbol, aber auch in seiner metaphorischen Bedeutung. Ein Gefühl von Orientierungslosigkeit entsteht, die Fragen„Wohin soll es gehen?“, „Wohin führt das alles?“ drängen sich auf. Das Boot dreht sich im Kreis, das gespannte Seil verhindert die Aufnahme großer Lasten, Schlupflöcher bleiben erhalten. Wie voll ist das Boot Europa tatsächlich? Linien markieren nicht nur Grenzen, sie verbinden auch, „vernetzen“, führen von einem Punkt zum nächsten.

 

Mit den Objekten „navicula“ und „gravitas“ verweist János Szurcsik einmal mehr auf den Transport verschiedenster Lasten auf dem Fluss.

Den Titel „panem nostrum“ trägt eine umfangreiche Serie von Booten, aus der hier 13 Stück gezeigt wurden. Die unterschiedlichen Teigarten und Brotformen, die in den kleinen Bootsobjekten gebacken wurden, symbolisieren Flucht und Ankunft; Flucht vor Katastrophen, Verfolgung, Unterdrückung, vor Krieg und Hunger. Es geht aber auch um Diversität, um die Vielfalt der Menschen, der Kulturen.

Die Brot-Boote der Serie „missio“ stammen aus einer 2010 in Ungarn entstandenen gleichnamigen Installation zum Thema „Armut“.

 

Einen völlig anderen Blickwinkel auf Europa hat Leonard Sheil. In der irischen Hauptstadt Dublin geboren, ist er seit seiner Kindheit dem Meer und der Seefahrt verbunden. Der Atlantik trennt die Insel vom europäischen Festland, Dublin war und ist ein wichtiger Ausgangspunkt für Reisende. Sein Gemälde „The Bay“, für das er eine Seekarte von 1874 auf Leinwand kaschiert und mit Ölfarbe und Grafit übermalt hat, zeigt die Bucht von Dublin im Osten Irlands, also mit „Blick“ auf den weit entfernten europäischen Kontinent. Um diesen zu erreichen, muss die Reise über den Ozean angetreten werden, und die Seekarte ist ein Symbol für die alte Heimat, seine Familienheimat sozusagen, die er immer wieder aufsucht und in der er auch künstlerisch stark verankert ist, zugleich aber Ausgangspunkt für Reisen in bekannte oder unbekannte Destinationen. Auch James Joyce hat die Dubliner Bucht als Ausgangspunkt seines Romans „Ulysses“ gewählt.

 

In der Mythologie galten Schiffe als Symbole für Reichtum und Fülle, meint der Künstler. Die Erde versteht er als Arche, sie beinhaltet alles, um sich aufzufüllen. Schiffe hatten in der Mystik der Religionen einen ehrenwerten Platz.

Bitumen, das auch im Schiffsbau verwendet wird, ist ein wichtiges Malmittel für Leonard Sheil geworden. In Verbindung mit Ölfarben und Grafit gelingt ihm dadurch eine beeindruckende, zart schimmernde Stuktur der Bildoberfläche, die besonders im Triptychon „The Commander´s Boat“ zur Geltung kommt. Arbeiten der Serie „Glimpse“ gewinnen ihre raue Oberflächenstruktur durch die Verwendung von Salz.

Leonard Sheil

 

1962 in Dublin geboren.

1984 Diplom in Grafik Design, IADT Dublin

1985 Stipendium für die Central Akademie der Bildenden Künste und das Sprachinstitut in Peking

Grafikdesigner und Bühnendekorateur im National Theater Southbank, London

seit 1995 zahlreiche Ausstellungen in Irland und am europäischen Kontinent

 

1995 wurde er berufen, als Künstler und Quartermaster an der Expedition „Spice Islands Voyage“ von Tim Severin teil zu nehmen. Die Reise dauerte sechs Monate und ging über 2500 Seemeilen in einem traditionell konstruierten Segelboot entlang der indonesischen Inseln. Sheil illustrierte das Buch zur Reise.

1998 wurde er als irischer Repräsentant zu einem Aquarell-Symposium nach Lettland eingeladen.

2005 und 2006 Artist in Residence in Krems

2006 erste Einzelausstellung im Kunstverein Baden

Seit 2004 arbeitet er auch mit dem Medium Film, sein erster Kurzfilm mit dem Titel „KISH“ ist eine Dokumentation über den Leuchtturm Kish vor Dublin.

2006 Produktion des zweiten Films „Hermitage“, gedreht auf der Insel Skellig Michael, mit einem aus dem 6. Jh. stammenden Mönchsdorf.

Derzeit arbeitet der Künstler an einem Film über Glendalough, einen mittelalterlichen religiösen Ort ganz in der Nähe seines irischen Wohn- und Atelierortes in der Grafschaft Wicklow.

Seit 2014 ist er Mitglied des Kunstvereins Baden, er lebt und arbeitet in Niederösterreich und Irland.

 

János Szurcsik

 

1956 in Budapest geboren

1975–79 Designstudium an der Hochschule f. Angewandte Kunst in Budapest

1979 Emigration nach Österreich

1980–83 Grafiker, später Art Director in der Werbeagentur Ogilvy & Mather

ab 1983 freischaffender bildender Künstler, Grafiker, Illustrator, Art Director und Creative Director für mehrere Werbeagenturen (zahlreiche nationale und internationale Auszeichnungen)

ab 1999 Unterrichtstätigkeit, Design-Konsulent

1999 Gründung der Schule Music & ArtHouse in Wien

2003 Gründungsmitglied und künstlerischer Leiter Zafouk Krems (offenes Kulturhaus)

ab 2005 Professur für computergestütztes Grafik-Design an der Novus Künstlerischen Fachhochschule in Budapest

2008 Diplomabschluss mit Master of Science am Institut für Angewandte Kunst der West-Ungarischen Universität in Sopron

ab 2008 Projektleiter für interdisziplinäre Kunst am Institut für Angewandte Kunst der West-Ungarischen Universität in Sopron

2012 Gründung von designschool.at in Wien 15

 

Bildhauer seit 1992

1999–2002 Mitglied der IG Bildende Kunst

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