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Ausstellung 14_virtuell:

VON DER PLATTE ZUM WÜRFEL. Holz als Bildträger

Paul Braunsteiner | Dietmar Franz | Ilona Rainer-Pranter | Andy Wallenta

Die Suche nach dem bestmöglichen Mittel, dem besten Material für die Umsetzung ihrer künstlerischen Idee(n) führt die hier mit einer Auswahl ihrer Arbeiten vorgestellten vier Künstler*innen zwar nicht ausschließlich, aber doch immer wieder zur Entscheidung, auf  Holz zu malen oder zu zeichnen.

 

Paul Braunsteiner schätzt für seine sehr detailreichen und in altmeisterlicher Technik ausgeführten (Tafel)Bilder die Festigkeit der Holzfläche, konkret jene der Hartfaserplatte, die es ihm ermöglicht, Gemaltes auch wieder mittels Klingen und Spachteln zu entfernen, um Korrekturen durchzuführen. „Durch das Abschaben kommen neue Strukturen zutage und die Spuren dieser früheren Farbaufträge inspirieren mich zu neuen Formen und Farben. Meine Bilder entstehen dadurch oft wie zufällig. Die Ölfarbe wird von mir mit Alkydharz versetzt und macht sie deshalb erst für mich interessant, da die langen Trocknungszeiten reiner Ölfarbe viel zu lange wären. So ist fast immer das Gemalte am nächsten Tag relativ trocken und ich kann Teile des Auftrages, die mir nicht mehr zusagen, wieder leicht entfernen.“

Der aus Niederösterreich stammende und in Wien lebende Musiker, Autor, Filmemacher und Maler entwirft in seinen Bildern immer wieder äußerst interessante surreale Kompositionen und lädt uns ein auf eine Reise in seinen künstlerischen Kosmos.

 

Dietmar Franz lebt zwar in Wien, ist aber in Kärnten aufgewachsen und hat schon als Kind in der Tischlerwerkstätte seines Vaters die Liebe zum Holz entdeckt und dabei auch jene Fertigkeiten erworben, die er für den Zuschnitt und die weitere sorgfältige Bearbeitung seiner meist runden Bildgründe braucht. Und so ist es dem Künstler möglich, jede gewünschte Form aus der Platte herauszuschneiden. Ob grundiert oder nicht hat auch die Maserung des Pappel-Sperrholzes Einfluss auf die Gestaltung der Bildflächen.

Mit viel Liebe zum Detail, subtilem Humor und ironischen, bisweilen erotischen Anspielungen bringt Dietmar Franz seine Bildideen, die geprägt sind von Natur, dem urbanen Umfeld, bekannten Architekturen, aber auch verschiedenen Ereignissen, Begebenheiten oder Einflüssen „Alter und neuer Meister“ der bildenden Kunst, mit seinem Zeichenstift auf die vorbereitete Platte oder Scheibe.

 

“Never let your inner child move out - rather give it space to be enthusiastic” (I. Rainer-Pranter)

Für ihre Serie der Holzpuzzles spürt die ebenfalls in Wien lebende und aus Osttirol stammende Künstlerin Ilona Rainer-Pranter Objekten und Spielen aus ihrer Kindheit nach.

Für die Arbeiten GLEICHZEITIG und KLEE dienen kleine Holzwürfel mit ihren jeweils sechs Seiten als Bildträger für genauso viele Motive.

„Diese Gleichzeitigkeit dieser Bilder auf jeweils einem Objekt“ versinnbildlicht für sie „die Gleichzeitigkeit von Ereignissen, die in jedem einzelnen Moment stattfinden und zu denen wir durch Massenmedien und Social Media Zugang haben.“ Die Frage nach den Auswirkungen der Informationsflut ist für die Künstlerin bei dieser Arbeit wesentlich.

Gelegentlich überträgt sie Motive einzelner Werke auf die Wände von Ausstellungsräumen und erweitert auf diese Weise auch ihren Aktionsraum.

 

Realismus und Konkrete Kunst – zwischen diesen beiden Polen bewegen sich die Bilder und Objekte von Andy Wallenta, die, aus Wien kommend, nun schon lange in Niederösterreich lebt.

„Holz ist anders als Leinwand für mich ein zuverlässiger Bildträger, der meiner Arbeitsweise, die sehr genau und auch konkret sein kann, entgegenkommt. Die lebendige Oberfläche spielt in meinen Werken eine wesentliche Rolle, sie schimmert durch exakte Farbflächen oder durch figurative Farbstift Zeichnungen. Die Maserung des Holzes wird in meine Arbeit immer miteinbezogen.“ (A. Wallenta)

Vor allem für ihre in Hard-Edge-Technik gemalten Quadrate in unterschiedlichsten Farbnuancen sind die ebenso quadratischen Holzkörper mit ihrer durch das Material bestimmten Widerständigkeit besonders geeignet. Die Titel verweisen durchaus auf inhaltliche Bezüge, die allerdings den Betrachter*innen verschlossen bleiben.

 

In seiner Funktion als Bildträger ist Holz zwar kein Werkstoff und der Malerei untergeordnet, dennoch beeinflusst es die qualitätvolle Ausführung von Kunstwerken.

Seine Verwendung ist gut erforscht und genoss schon im Alten Ägypten einen hohen Stellenwert für das Malen von stilisierten Abbildungen der Verstorbenen auf deren hölzernen Särgen, die erst kastenförmig ausgeführt und später menschlichen Umrissen nachempfunden waren.

 

Die Vorteile des Materials Holz machten sich die Tafelmaler im Mittelalter zunutze. Es war leicht zu beschaffen und ließ sich mehr oder weniger einfach zu Bildträgern bearbeiten. Letzteres war abhängig von der Entwicklung der Werkzeuge und der handwerklichen Fertigkeiten. Die Zuschnitte und Ausfertigungen erfolgten anfangs durch die Künstler selbst oder später von Schreinern oder so genannten „Tafelmachern“,  die von der Mitte des 16. bis zur Mitte des 17. Jahrhunderts in den südlichen Niederlanden belegt sind. Die Maße der Bretter wurden dadurch standardisiert, als Einheit galt vermutlich das Fußmaß. (1)

 

Mit der fortschreitenden Entwicklung der Werkzeuge verbesserte sich auch die Qualität der Oberflächen der Platten. Zwischenschichten aus Pergament, Gewebe oder Fasern in Verbindung mit einer Grundierung auf Leimbasis waren ab dem Mittelalter durchaus üblich, weil diese ganz fein geschliffen werden konnten und somit sogar für den Auftrag und die Politur von Blattmetall geeignet waren. Meist kamen regional wachsende Holzarten zur Verwendung. In den Niederlanden und im deutschsprachigen Raum wurde Eichenholz bevorzugt, Pappelholz in Italien und die Kiefer in Spanien.

Zwar dient dieses Wissen als wichtiges Instrument der stilistischen Zuordnung zu einer Kulturlandschaft, es darf aber nicht die rege Reisetätigkeit der Künstler, verbunden mit der Verwendung der vor Ort üblichen Hölzer, unberücksichtigt bleiben. Und nahe der großen Seehäfen war auch Importware verfügbar.

Zunftordnungen bestimmten etwa in den Niederlanden oder Frankreich die Verwendung hochwertiger Hölzer. (2)

 

Für den ersten Arbeitsschritt beim Zuschnitt verwendete man neben der Dielensäge das Spaltbeil, zur weiteren Bearbeitung dienten diverse andere Beile. Der Gebrauch des Hobels dürfte sich erst ab dem 14. Jahrhundert langsam durchgesetzt haben, obwohl er schon seit den Römern bekannt war. Sehr detailliert führt Rolf E. Straub in seinem Aufsatz die weitere Herstellung und Bearbeitung der Platten aus, etwa das Glätten und Schleifen der Bildseiten oder das Dübeln und Verleimen der Teile zu größeren Bildträgern. (3)

 

In Antwerpen war es Aufgabe der Malerzunft, die Qualität der fertigen Tafeln zu prüfen und diese dann mit so genannten Beschaumarken zu versehen.

 

Die Dominanz der Holztafel als Bildträger wurde im 16. Jahrhundert geringer, sowohl nördlich, als auch südlich der Alpen. Ab der italienischen Frührenaissance und besonders in Venedig wurde vor allem bei Großformaten das Malen auf Geweben beliebt. Im deutschsprachigen Raum waren es nun vor allem Schreinerwerkstätten, die Holztafeln und Rahmen herstellten, bevorzugt wurde Lindenholz, aber auch Fichte. Albrecht Dürer malte von 120 Bildern 92 auf Holz, erst Nadel-, dann Lindenholz, und in Venedig verwendete er jenes von Pappel und Rüster, in den Niederlanden Holz von der Eiche. Lucas Cranach d. Ä. bevorzugte die Rotbuche vor der Linde.

 

Anders als in der Gotik finden sich nur noch selten vollständige Leinwandunterklebungen auf den Tafeln, nur zur Fugensicherung waren Leinwandstreifen oder Wergverklebungen weiterhin üblich. (4) Die fertigen Tafeln wurden grundiert und geglättet, auch hier gibt es regionale Unterschiede bei den verwendeten Materialien. Südlich der Alpen wurde ein Gips-Leim-Gemisch bevorzugt, im Norden mischte man Kreide mit Leim. (5)

 

Ab dem 17. Jahrhundert erfreuten sich fortan auch außereuropäische Holzarten großer Beliebtheit - vor allem für kleinere Formate und vorerst in den Niederlanden. (6)

 

Nicht nur die gute Verfügbarkeit von Holz als Bildträger erklärt dessen Beliebtheit. Auch war es möglich, unterschiedlichste Formate herzustellen, selbst während des Malens. Oft genug kam es durch nachträgliche Formatvergrößerungen zu Erweiterungen der jeweiligen Kompositionen.

Die weitere Entwicklung dieser Bildträger wurde im 19. und 20. Jahrhundert nur mehr sporadisch untersucht, da sich - wie auch gegenwärtig üblich - die Frage nach den bestmöglichen  Mitteln zur Umsetzung künstlerischer Ideen in den Vordergrund drängte. So wurden Holztafeln nur mehr vorwiegend für Porträts und Landschaften oder Tier- und Genremalerei verwendet. Im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts erfreuten sie sich einerseits durch die Zunahme der Temperamalerei und andererseits durch ein neu gewecktes Interesse für altmeisterliche Techniken – etwa bei der Gruppe der Präraffaeliten – wieder größerer Beliebtheit. Für die Malerei des Jugendstils, des Surrealismus oder des Konstruktivismus schätzte man die glatten Oberflächen, da war Mahagoniholz aufgrund der hohen Stabilität und der homogenen Struktur sehr begehrt.

Seit dem frühen 19. Jahrhundert bis heute wird gerne die mehrschichtige Sperrholzplatte verwendet und sie wurde auch von Paul Klee geschätzt. Hartfaserplatten kommen seit den 1940er Jahren zum Einsatz. (7)

 

Michaela Seif

 

  1. Vgl. Manfred Koller S. 336, Das Staffeleibild der Neuzeit, in: Philipp Reclam jun. (Hg.), Reclams Handbuch der künstlerischen Techniken. Band 1. Farbmittel, Buchmalerei, Tafel- und Leinwandmalerei, Stuttgart 1988, S. 261-434.

  2. Vgl. Rolf E. Straub, S. 133f, Tafel- und Tüchleinmalerei des Mittelalters, in: Philipp Reclam jun. (Hg.), Reclams Handbuch der künstlerischen Techniken. Band 1. Farbmittel, Buchmalerei, Tafel- und Leinwandmalerei, Stuttgart 1988, S. 125-259.

  3. ebendort, S. 138-146.

  4. Vgl. Manfred Koller, S. 288.

  5. ebendort, S. 300.

  6. ebendort, S. 336.

  7. ebendort, S. 384f.

Zur besseren Darstellung und für weitere Informationen klicken Sie bitte die jeweiligen Bilder an!

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